Resveratrol

Resveratrol gehört zu den am meisten beachteten sekundären Pflanzenstoffen überhaupt. Über kaum einen Pflanzenstoff wurde mehr publiziert. Resveratrol wirkt als Antioxidans, es wirkt entzündungshemmend (antiinflammatorisch) und Chemopräventiv (krebshindernd). Die wohl herausragenste Eigenschaft ist jedoch: Resveratrol wirkt als CR-Mimetikum! Es täuscht dem Körper eine Kalorienrestriktion (CR) vor, was die bisher einzige experimentell belegte Methode zur Lebensverlängerung darstellt! WOW!

Resveratrol ist hauptsächlich in der Schale von Rotweintrauben enthalten. Erstmalig isoliert wurde es im Jahr 1940 aus Blättern der weißen Lilie. Es lässt sich jedoch auch aus einer Reihe anderer Lebensmittel extrahieren. Der roten Schale von Erdnüssen, oder aus dem japanischen Staudenknöterich (Polygonum Cuspidatum), welcher den höchsten Gehalt an Resveratrol überhaupt aufweist. In Japan nennen sie ihn Ko-jo-kon. Im indischen Ayurveda Darakchasava. Beide Kulturen schätzen die Heilpflanze seit Jahrhunderten aufgrund ihrer lebensverlängernden Kräfte. (1)

Das Französische Paradoxon

Internationale Bekanntheit erlangte Resveratrol erst in den 1990er-Jahren, vor allem als mögliche Erklärung für das „Französische Paradoxon“ (2)

Anfang der 1990er-Jahre berichteten Epidemiologen über eine außergewöhnliche Beobachtung: In Frankreich, insbesondere in den südlichen Landesteilen, lag die Herzinfarktrate um bis zu 40% unterhalb vergleichbarer europäischer Länder und den Vereinigten Staaten. Und dass, obwohl die Franzosen viel rauchen und eine eher cholesterolreiche Kost bevorzugen. Rasch war für dieses Phänomen ein prägnanter Begriff gefunden: das Französische Paradoxon. Und ebenso rasch wurde eine mögliche Erklärung präsentiert: Der hohe Rotweinkonsum der Franzosen. Der Rotwein, insbesondere eine darin enthaltene Substanz, wirke kardioprotektiv. Das Resveratrol. (3)

Resveratrol gehört zur großen Gruppe der Polyphenole. Es ist Bestandteil des pflanzeneigenen Immunsystems. Seine Hauptaufgabe ist der Schutz der Pflanze vor Pilz-, Bakterien- und Virusbefall, sowie vor schädlichen Umwelteinflüssen wie UV-Strahlung, Ozonbelastung und Giftstoffen. (4)

Resveratrol blieb für die Wissenschaft weiter interessant, wie eine Vielzahl an Publikationen belegt. Mehr und mehr entpuppte sich diese Substanz als Vielzweckwaffe für ein gesundes Leben. Oder wie eine amerikanische Veröffentlichung schreibt: „Das schweizer Armeemesser der Natur“. (5)

Für das Polyphenol Resveratrol, wurde eine ausgeprägte antioxidative Wirksamkeit nachgewiesen. Ähnlich wie Coenzym Q10 dichtet es direkt an den Mitochondrien die sogenannten Protonenleaks ab und neutralisiert gleichzeitig reaktive Sauerstoffradikale. (6)

Darüber hinaus besitzt es offensichtlich die Fähigkeit, körpereigene antioxidative Enzymsysteme wie die Superoxiddismutase und einige Katalasen zu stimulieren.

Die antioxidative Wirkung ist allerdings nicht nur für den Gefäßschutz von Bedeutung.

Als besonders lipidreiches Organ leidet auch das Gehirn unter übermäßigem oxidativem Stress. Eine neuroprotektive Wirkung von Resveratrol, dass die Blut-Hirn-Schranke überwindet, wurde in mehreren In-vivo-Studien an Ratten nachgewiesen. (7) Neuere Studien deuten sogar darauf hin, dass Resveratrol dem Auslöser der Alzheimer-Demenz entgegenwirkt. (8)

Entzündungshemmende Wirkung

Neben oxidativem Stress gelten Entzündungen mittlerweile als stärkste Beschleuniger für Alterungsprozesse. Ohne Zweifel ist die Entzündungsreaktion ein wichtiger Abwehrmechanismus unseres Körpers. Damit wehrt er sich gegen diverse Krankheitserreger.

Dauert der Entzündungsprozess jedoch nach erfolgreicher Abwehr der Erreger an, so begünstigt dies chronische und degenerative Erkrankungen. Eine Vielzahl von Studien hat in den letzten Jahren überzeugend dargelegt, welch wichtige Rolle die „stille Entzündung“ für die Entstehung vieler Erkrankungen spielt, von der Arteriosklerose über die Neurodegeneration bis zur Tumor- und Krebsentwicklung. (9)

Entzündungshemmende Therapien gewinnen daher immer mehr an Bedeutung. Diverse Medikamente wie COX-2-Hemmer wurden eingesetzt, aufgrund gravierender Nebenwirkungen verschwanden sie jedoch wieder.

Der Fokus richtet sich seitdem immer mehr auf pflanzliche Mittel, wie eben das Resveratrol. Es hemmt direkt sowohl die Cyclooxigenase 2 (COX-2) als auch die intrinsische Stickstoffmonoxid-Synthetase (iNOS), zwei Schlüsselenzyme von Entzündungsreaktionen. Die vielfältigen positiven Wirkungen des Resveratrol auf sehr unterschiedliche Krankheitsbilder, lassen sich zu einem nicht unerheblichen Teil mit seiner ausgeprägten antiinflammatorischen Wirkung erklären.

Krebs

Bereits 1997 veröffentlichten Wissenschaftler in Science eine Arbeit, die nachwies, dass Resveratrol in Krebszellmodellen hemmend wirkte (10). Resveratrol besitzt laut Studien die Fähigkeit, Zellen, auch bereits existierende Krebszellen (!) in den programmierten Zelltod zu zwingen. (11)

Während Resveratrol in Studien an Zellkulturen und Tieren sehr gute Ergebnisse lieferte, fehlt es leider noch an Studien mit Menschen. Einige Wissenschaftler arbeiten an Studien mit Resveratrol- Supplementen, jedoch fehlen hier noch aussagekräftige Ergebnisse.

Die Kalorienrestriktion

Eine der Wirkungen von Resveratrol sorgt vor allem im Anti-Aging Bereich für Aufsehen: Die Kalorienrestriktion!

Die Kalorienrestriktion ist bekannt aus der Keto Bewegung. Sie beschreibt den Übergang des Körpers weg vom Glucosestoffwechsel (Zucker, Kohlenhydrate), hin zur Nutzung von Ketonkörpern. Keto- Anhänger versprechen sich davon ein längeres, gesünderes Leben.

Die Kalorienrestriktion gehört zu den am längsten bekannten, am besten untersuchten und umfassend dokumentierten Therapieansätzen der Anti-Aging-Medizin. Bis heute ist sie die einzige interventionelle Maßnahme, für die experimentell eine tatsächliche Lebensverlängerung nachgewiesen werden konnte.

Bereits in den 1930er-Jahren berichte Clive McCay von Versuchen, wonach Laborratten, deren Nahrungsaufnahme um 30 Prozent reduziert wurde, eine um bis zu 50 Prozent verlängerte Lebenserwartung hatten (12). McCays Arbeit wurde zwischenzeitlich an unterschiedlichsten Spezies wiederholt und nahezu ausnahmslos bestätigt.

Der Mechanismus dahinter wurde jedoch erst vor Kurzem aufgedeckt. Die Kalorienrestriktion bewirkt eine Aktivierung sogenannter Sirtuine. Unter deren Einfluss erfolgt in Körperzellen eine vermehrte DNA Reparatur, wodurch die einzelne Zelle länger lebt. Dies führt zu verlängerter Lebensspanne des Gesamtorganismus (13). Der erkannte Mechanismus wurde zunächst an Tieren bestätigt, ist jedoch universell wirksam und mittlerweile an menschlichen Zellen nachgewiesen. (14)

Doch auch wenn das Modell auf den Menschen übertragbar wäre, liegt eine hohe Hürde in der praktischen Umsetzungsfähigkeit. In einer Zeit, in der die meisten Menschen Probleme haben, ihr Körpergewicht auch nur annähernd normal zu halten, ist eine langfristige systematische Kalorienrestriktion um 30 Prozent wohl nur für absolute Asketen eine Option.

Frühzeitig begann daher die Suche nach sogenannten CR-Mimetika. Dies sind Substanzen, die die gleichen biochemischen Prozesse aktivieren wie eine Kalorienreduktion, ohne dass der Mensch eine andauernde Hungerdiät halten muss.

Fündig wurden Forscher bei Resveratrol. Insbesondere die Forschungsgruppe um D. Sinclair konnte nachweisen, dass das Molekül bei niederen Organismen die gleiche lebensverlängernde Wirkung zeigt wie eine kalorienreduzierte Kost. Der Vorteil der Supplementierung lag zudem darin, dass diese im Gegensatz zum Untergewicht die Fruchtbarkeit und Fortpflanzungsfähigkeit nicht reduzierte. (15)

Selbstverständlich muss diese Erkenntnis am Menschen noch vollständig getestet werden. Jedoch lassen diese Ergebnisse des Resveratrol durchaus aufhorchen. Was sich in der hohen und steigenden Beliebtheit des Resveratrols niederschlägt.

Studien

Hinweis: Wir machen uns die Ergebnisse dieser Studien nicht zu eigen, sondern präsentieren diese Erkenntnisse neutral für interessierte Leser. Tatsächlich gibt es keine offiziell zugelassenen Healthclaims (Gesundheitsbezogene Angaben) für Resveratrol.

 

(1) Paul, B., et al., Occurrence of resveratrol and pterostilbene in age-old Darakchasava, an Ayurvedic medicine from India. J. Ethnopharmocol. 68 (1999) 71-76.

(2) Renaud, S., de Lorgeril, M., Wine, Alcohol, Platelets and the French Paradox for Coronary Heart Disease. Lancet 339 (1992) 1523-1526.

(3) Criqui, M. H., Ringel, B. L., Does Diet or Alcohol Explain the French Paradox? Lancet 344 (1994) 1719-1723.
Hung, L. M., et al., Cardioprotective effect of resveratrol, a natural antioxidant derived from grapes. Cardiovasc. Res. 47 (2000) 549-555.

(4) Ignatowicz, E., Baer-Dubowska, W., Resveratrol, a natural chemopreventive agent against degenerative diseases. Pol. J. Pharmacol. 53 (6) (2001) 557-569.

(5) Gould, K. S., Nature´s Swiss Army Knife: The Diverse Protective Roles of Anthocyanins in Leaves. J. Biomed. Biotechnol. 5 (2004) 314-320.

(6) Leonard, S., et al., Resveratrol scavenges reactive oxygen species and effects radical-induced cellular responses. Biochem. Biophys. Res. Commun. 309 (2003) 1017-1026.

(7) Virgili, M., Contestabile, A., Partial neuroprotection of in vivo excitotoxic brain damage by chronic administration of the red wine antioxidant agent, trans-resveratrol in rats. Neurosci. Lett. 281 (2000) 123-126.

(8) Savaskan, E., et al., Red wine ingredient resveratrol protects from beta-amyloid neurotoxicity. Gerontology 49 (2003) 380-383.

(9) Willerson, J. T., Ridker, P. M., Inflammation as a cardiovascular risk factor. Circulation 109 (2004) II2-II10.
McGeer, E. G., McGeer, P. L., Inflammatory processes in Alzheimer`s disease. Prog. Neuropsychopharmacol. Biol. Psychiatry 27 (2003) 741-749.
Philip, M., Rowley, D. A., Schreiber, H., Inflammation as a tumor promoter in cancer induction. Semin. Cancer Biol. 14 (2004) 433-439.

(10) Jang, M. S., et al., Cancer chemopreventive activity of resveratrol, a natural product derived from grapes. Science 275 (1997) 218-220.

(11) Dorrie, J. C., et al., Resveratrol induces extensive apoptosis by depolarizing mitchondrial membranes and activating caspase-9 in acute lymphoblastic leukaemia cells. Cancer Res. 61 (2001) 4731-4739.
Mahyar-Roemer, M., Kohler, H., Roemer, K., Role of Bax in resveratrol-induced apoptosis of colorectal carcinoma cells. BMC Cancer 2 (2002) 27-36.

(12) McCay, C. M., Cromwell, M. F., Maynard, L. A., The Effect of retarded growth upon the length of life span upon the ultimate body size. J. Nutr. 10 (1935) 63-79.

(13) Lin, S. J., Defossez, P. A., Guarente, L., Requirement of NAD and SIR 2 for lifespan extension by calorie restriction in Saccharomyces cerevisiae. Science 289 (2000) 2126-2128.
Anderson, R. M., et al., Nicotinamide and PNC1 govern lifespan extension by calorie restriction in Saccharomyces cerevisiae. Nature 423 (2003) 181-185.

(14) Langley, E., et al., Human SIR2 deacetylates p53 and antagonizes PML/p53-induced cellular senescence. EMBO J. 21 (2002) 2383-2396.

(15) Howitz, K. T., et al., Small molecule activators of sirtuins extend Saccharomyces cerevisiae lifespan. Nature 425 (2003) 191-196.
Wood, J. G., et al., Sirtuin activators mimic calorie restriction and delay ageing in metazoans. Nature 430 (2004) 686-689.

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